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Auszug - Teilfortschreibung des Landesentwicklungsplanes Schleswig-Holstein 2010 und Teilaufstellung der Regionalpläne (Sachthema Windenergie) für die Planungsräume I bis III  

Sitzung der Gemeindevertretung der Gemeinde Wangels
TOP: Ö 11
Gremium: Gemeindevertretung der Gemeinde Wangels Beschlussart: geändert beschlossen
Datum: Mi, 12.12.2018 Status: öffentlich/nichtöffentlich
Zeit: 19:00 - 20:30 Anlass: Sitzung
Raum: Aula der Grundschule in Hansühn
Ort: Ostseestraße 23, Hansühn, 23758 Wangels
2018/0314 Teilfortschreibung des Landesentwicklungsplanes Schleswig-Holstein 2010 und Teilaufstellung der Regionalpläne (Sachthema Windenergie) für die Planungsräume I bis III
   
 
Status:öffentlichDrucksache-Art:Sitzungsvorlage
Federführend:Fachbereich Bürgerdienste Bearbeiter/-in: Ganzert, Thekla
 
Wortprotokoll
Beschluss
Abstimmungsergebnis

Der Vorsitzende verweist auf die Vorlage und den sich daraus ergebenden Sachverhalt. Zudem hat die BGW-Fraktion eine Stellungnahme erarbeitet, die allen Gemeindevertretern überreicht bzw. zugesandt wurde. Gemeindevertreter Graf Platen-Hallermund erklärt für die CDU-Fraktion, dass dem vorliegenden Regionalplan und den sich daraus ergebenden Regelungen, insbesondere zu den Regelungen der Mindestabstände, zugestimmt wird. Der vorliegenden Beschlussempfehlung bzw. vorbereiteten Stellungnahme der BGW-Fraktion wird ausdrücklich nicht zugestimmt.

 

Gemeindevertreterin Voß erläutert, dass die BGW-Fraktion weiterhin an den Forderungen bzw. den sich aus der 1. Beteiligungsrunde aus dem Jahr 2016 festgelegten Mindestabständen festhält. Der aktuelle Entwurf zur Teilaufstellung des Regionalplans sieht zudem eine Unterscheidung bezüglich der Mindestabstände bei bisher unbelasteten Gebieten und Bestandsgebieten vor. Diese Entscheidung wird seitens der BGW-Fraktion nicht geteilt. Des Weiteren bittet sie zu beachten, dass sich die Vorrangflächen in der Hauptachse des überregionalen Vogelzugs befinden, auch wenn dies im Entwurf abweichend dargestellt wird. Sie erläutert sodann die Umfassungswirkung für den Ortsteil Grammdorf und die Riegelbildung durch Vorranggebiete von Wangels bis Grube. Der Vorsitzende ergänzt, dass sich viele Grammdorfer Bürgerinnen und Bürger von Windkraftanlagen „umzingelt fühlen“. Er bittet daher um Beschlussfassung zur vorliegenden Stellungnahme. Es ergeht sodann folgender

 


Beschluss:
 

Die Gemeinde Wangels gibt folgende Stellungnahme zum zweiten Entwurf der Teilfortschreibung des Windkapitels im Landesentwicklungsplan 2010 sowie zum zweiten Entwurf der sachlichen Teilaufstellung der drei Regionalpläne r die Planungsräume I-III ab:

 

  1. Vorbemerkungen

 

Die Gemeinde Wangels ist für die Fortentwicklung der erneuerbaren Energien im vorliegenden Fall der Windenergienutzung aber nicht um jeden Preis.

 

Die Gemeinde Wangels ist unbestritten eine landschaftlich außerordentlich reizvolle Gemeinde mit bisher hoher Wohn- und Lebensqualität. Auch für den Tourismus ist dieses einmalige Landschaftsbild unverzichtbare Basis, mit der äerst sensibel umgegangen werden muss. Aufgrund der Topografie (Hügellandschaft) würden Windkraftanlagen schon aus wirtschaftlichen Gründen auf Erhebungen errichtet werden und so das Landschaftsbild viel massiver beeinträchtigen als beispielhaft in einer ebenen Region. Durch den Anstieg der Gemeindeflächen von der Ostsee Richtung Bungsberg wird dieser Effekt nochmals verstärkt.

 

Wie ausgeführt ist die Gemeinde Wangels für die Energiewende, die Rücksicht auf Mensch und Natur nimmt. Die Gemeinde verkennt jedoch nicht, dass es sich in diesem Zusammenhang um industrielle Anlagen zur Windenergienutzung handelt. Deshalb haben wir in ganz besonderer Weise die Wohn- und Lebensqualität der in der Gemeinde lebenden Menschen zu berücksichtigen. Die Vorgaben der Landesregierung sind unseres Erachtens nicht geeignet eine ausreichende Wohn- und Lebensqualität sicherzustellen.

 

 

  1. Bewertung einzelner Tabu- und Abwägungskriterien

 

2.1 Mindestabstände

Die Gemeinde hält an der Forderung der BGW-Fraktion aus der 1. Beteiligungsrunde 2016 fest und fordert Mindestabstände von 1200 m zu Siedlungsbereichen und 800 m zu Einzelhäusern und Splittersiedlungen. Zumindest sollten die Abstände der Vorranggebiete zu Wohnsiedlungen des Innenbereichs einheitlich 1000 m betragen. Für die Wohnbevölkerung ist es unverständlich, warum bisher unbelastete Gebiete von den heren 1000 m Abständen profitieren, während die Mindestabstände bei Bestandsgebieten nur 800 m betragen sollen. Gerade in den Bestandsgebieten haben die Einwohner in der Vergangenheit jahrelang die Belastungen der Windkraft hingenommen und damit einen wichtigen Beitrag zur Energiewende geleistet. Dass diese Bevölkerungsgruppe jetzt nachträglich mit geringeren Abständen „bestraft“ wird, ist weder nachvollziehbar noch hinnehmbar. Im Plankonzept zum 2. Entwurf stellt die Landesplanung selbst klar,
dass es rechtlich kaum begründbar ist, für bestehende WKA Ausnahmen von den einzuhaltenden Abstandsregelungen zu gewähren und die damit verbundene Ungleichbehandlung der Bevölkerung und der Anlagenbetreiber zu rechtfertigen“.

Auch aus immissionsschutzrechtlichen Gründen werden Windkraftanlagen näher als 1000 m zur Wohnbebauung nicht effizient betrieben werden können, da in diesen Fällen starke Nachtabregelungen aufgrund des neuen Schallprognoseverfahrens unabdingbar sind.

 

2.2  Tourismus und Erholung

Der Tourismus spielt in der Gemeinde Wangels eine bedeutende wirtschaftliche Rolle, was auch durch die Anzahl der jährlichen Übernachtungen belegt ist. Mit Schloss Weißenhaus, Campingplatz Triangel und dem Ferienpark Weißenhäuser Strand hat die Gemeinde überregional bekannte touristische Attraktionen in direkter Nähe zu den geplanten Vorrangflächen. Wegen der Fernwirkung der hohen Windkraftanlagen ist es unverständlich, wieso die Landesplanung nur die direkten Schwerpunkträume für Tourismus und Erholung für abwägungsrelevant hält, die angrenzenden Gebiete dagegen nicht. Durch die geplanten Vorranggebiet im Norden der Gemeinde erwarten wir mittel- und langfristig erhebliche negative Auswirkungen auf den Fremdenverkehr und wirtschaftliche Einbußen für unsere touristischen Betriebe.

 

2.3  Umfassungswirkung und Riegelbildung

r die Gemeinde Wangels ist es unverständlich, dass die Landesplanung die ohnehin schon unzureichenden Kriterien aus dem 1. Entwurf für eine unzumutbare Umfassungswirkung im 2. Entwurf nochmals weiter aufgeweicht hat. Die Gemeinde fordert, dass die bisherige obergerichtliche Rechtsprechung zu diesem Thema konsequent beachtet und auch für Splittersiedlungen und Einzellagen angewendet wird. In der Gemeinde Wangels ist insbesondere der Ortsteil Grammdorf von unzulässiger Umzingelung durch WKA bedroht (siehe unten). Auch auf die drohende Riegelbildung wird am Ende hingewiesen.

 

2.4  Hauptachsen des überregionalen Vogelzugs

Die Aussage in den Datenblättern zu den Vorrangflächen, dass sich der Großteil der Gemeinde Wangels nicht in der Hauptachse des überregionalen Vogelzugs befindet, ist unzutreffend. Diese Behauptung geht an der Lebenswirklichkeit und den Beobachtungen unserer Einwohner völlig vorbei, denn das Gemeindegebiet befindet sich eindeutig in einem bedeutsamen Bereich für den Vogelzug. Auch Koop (2002) belegt in seinem Gutachten für das Landesamt, dass sich die Gemeinde in einer Hauptzugroute für Landvögel befindet:

Auch der Landschaftsrahmenplan SH von 2003 weist das Gebiet als bedeutend für den Landvogelzug aus:

Aus: Landschaftsrahmenplan 2003, Planungsraum II

Auch der NABU bewertet die gesamte Halbinsel Wagrien als Schwerpunktraum für den Vogelzug.

 

2.5  Belange des Denkmalschutzes

Die Landesplanung weist zutreffend auf die bedeutenden denkmalrechtlichen Belange in der Gemeinde Wangels hin. In dem außerordentlich dichten und hochwertigen Bild der Güter-, Kirch- und Ortslandschaft an der Hohwachter Bucht sind die Blickbeziehungen von Süden Richtung Hohwachter Bucht sowie von Osten und Norden her auf die Kirche Hohenstein, die Gutsanlage und Windmühle Farve sowie die Ortschaft Hansühn von besonderer denkmalpflegerischer Bedeutung. Bei der Flächenauswahl finden diese Belange aber keine hinreichende Würdigung. Vielmehr will die Landesplanung einen Hinweis auf eine mögliche Höhenbegrenzung im Regionalplan aufnehmen. Hierin sieht die Gemeinde Wangels einen Widerspruch, denn Flächen mit Höhenbeschränkungen werden zukünftig in der Praxis nicht wirtschaftlich mit WKA bebaut werden können, da eine erfolgreiche Teilnahme an den seit 2017 bundesweit obligatorischen Ausschreibungen nur mit Anlagen von mindestens 150 m gewährleistet sein wird. In der Konsequenz sind diese Flächen somit nicht nutzbar und sollten entsprechend ganz entfallen.

  1. Bewertung der Vorrangflächen

 

3.1  PR3_OHS_023 und PR3_PLO_012

Die Gemeinde Wangels stimmt der Streichung dieser im 1. Entwurf 2016 noch enthaltenen Vorrangflächen ausdrücklich zu. In direkter Nähe zum geplanten Landschaftsschutzgebiet Bungsberg der Kreise Plön und Ostholstein würden dort in exponierter Lage errichtete Windkraftanlagen unverhältnismäßig hohen Schaden an Natur und Landschaft verursachen, welcher in keinem Verhältnis zum dort produzierten Strom gestanden hätte.

 

3.2  PR3_OHS_025

Die Gemeinde Wangels begrüßt ausdrücklich die Streichung des größten Teils der Potenzialfläche aufgrund naturschutzfachlicher Kriterien (insbesondere Schutz von Schwarzstorch und Seeadler). Auch der Kreis Ostholstein bescheinigt der Fläche in seiner Stellungnahme zum 1.Entwurf der Regionalplanung 2016 zutreffend ein hohes naturschutzfachliches Konfliktpotential. Gleichzeitig findet es die Gemeinde äerst befremdlich, dass parallel zur laufenden Regionalplanung Genehmigungsanträge für 7 150 m hohe Windkraftanlagen beim LLUR vorangetrieben werden, obwohl diese dann außerhalb des Vorranggebietes errichtet würden (siehe Karte).

WKA Repowering Wangels

Das LLUR beruft sich dabei auf alte Vorbescheide vom Januar 2015, die am 30.6.17 vom LLUR noch einmal verlängert wurden, obwohl zu diesem Zeitpunkt nach Veröffentlichung des 1. Entwurfs des neuen Regionalplans schon klar war, dass die betroffene Potentialfläche allein schon aus Naturschutzgründen nicht übernommen wird, denn der neue Schwarzstorchhorst wurde bereits 2016 kartiert. Außerdem wird das Funkfeuer in Heringsdorf erst Ende 2020 abgebaut. Da der Bau der Windkraftanlagen von den Betreibern entsprechend erst ab 2021 geplant ist, wurde durch die Verlängerung der Vorbescheide die laufende Regionalplanung praktisch ausgehebelt. Beim öffentlichen Erörterungstermin am 8.11.18 machte das LLUR klar, dass es die Genehmigungsverfahren weiter durchführen und wahrscheinlich positiv bescheiden wird. Die Gemeinde Wangels ersucht daher dringend die Landesplanung, beim LLUR darauf hinzuwirken, dass die Genehmigungsverfahren nicht weiter betrieben werden, solange sie den aktuellen Zielen der Regionalplanung nicht entsprechen. Den Bürgerinnen und Bürgern unserer Gemeinde ist es absolut unverständlich, dass nach Inkrafttreten des neuen Regionalplans noch Anlagen aufgrund alter Vorbescheide außerhalb von Vorrangflächen gebaut werden sollen, obwohl diese dann eindeutig gegen die Ziele der Raumordnung verstoßen würden.

 

3.3 PR3_OHS_029

Sofern die beantragten und vorbeschiedenen Anlagen westlich der Vorrangfläche OHS_025 tatsächlich genehmigt werden sollten, hält die Gemeinde die Ausweisung dieser zusätzlichen Fläche für unzulässig und fordert die Landesplanung auf, diese ersatzlos zu streichen. Begründet wird diese Forderung mit einer rechtlich nicht haltbaren Umzingelungswirkung des Ortsteils Grammdorf. Nach bisheriger obergerichtlicher Rechtsprechung beträgt die zulässige durchgehende Umfassung von Ortschaften durch Vorranggebiete oder Windeignungsgebiete 120 Grad (OVG MAGDEBURG, Beschl. v. 16.03.2012, 2 L 2/11). Ab diesem Umfassungswinkel ist ein Freihaltewinkel von mindestens 60 Grad einzuhalten, bevor weitere Vorranggebiete zulässig sind. Wie die nachfolgende Karte zeigt, beträgt der Umfassungswinkel in Grammdorf durch die vorbescheidenen Anlagen, die Gebiete OHS_025, OHS_029 und OHS_033 180 Grad. Der Freihaltewinkel zwischen OHS_029 und OHS_033 beträgt lediglich 39 Grad, so dass hier eine durchgehende unzulässige Umfassung vorliegt.

Selbst ohne die Einbeziehung der genehmigten Anlagen würde die Umfassung immer noch 138 Grad und damit deutlich oberhalb 120 Grad betragen. Daher ist die Fläche auch im unwahrscheinlichen Fall, dass die vorbescheidenen Anlagen keine Genehmigung erhalten sollten, zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger des Ortsteils Grammdorf zu streichen.

 

Umfassung Ortsteil Wangels

 

Außerdemrde diese Vorrangfläche die Halbinsel Wagrien optisch komplett abriegeln, was auch für den Vogelzug äerst bedenklich wäre. Bereits bei eine Berücksichtigung eines von nur 10 mal Anlagenhöhe (=1500m bei der 150 m hohen Referenzanlage) würden sich die Einwirkbereiche der geplanten Vorranggebiete von Wangels bis nach Grube komplett überschneiden und eine 20 km lange optische Barriere bilden, wie in der folgenden Karte dargestellt. Schon aus diesem Grund sollte diese Fläche nicht ausgewiesen werden, ebenso wenig wie die Fläche OHS_033 in den gemeinde Harmsdorf und Lensahn.

Riegelbildung Wagrien

 

Auch aus immissionsschutzrechtlichen Gründen ist die Fläche OHS_029 zu streichen, da dort errichtete Anlagen ohnehin nicht effizient betrieben werden können. Nach Genehmigung und Inbetriebnahme der Anlagen nördlich Grammdorf sind die Lärmkontingente verschiedener Immissionspunkte in und um Grammdorf praktisch ausgeschöpft, wie das von den Vorhabenträgern im Genehmigungsverfahren vorgelegte Schallgutachten sowie eine weitere beim Erörterungstermin am 8.11.18 vorgestellte Berechnung nachgewiesen haben. Zusätzliche Anlagen im Gebiet OHS_029rfen demnach keine zusätzlichen signifikanten Immissionen mehr verursachen. Das wäre nur durch starke nächtliche Drosselungen möglich. Damit wäre ein effizienter Betrieb dieser Anlagen nicht mehr möglich und würde den Zielen der Raumordnung nach effizienter Nutzung von Naturräumen widersprechen.

 

 


Abstimmungsergebnis:

 

Mitgliederzahl:

13

Davon anwesend:

12

Ja-Stimmen:

7

Nein-Stimmen:

5

Stimmenenthaltungen: